Bisschen sad aber total der Vorteil

Um die Ensembles schon vor dem Festival kennenzulernen, hat die FZ sie einfach angerufen. Wie in einem Blind Date: Immer ein Redaktionsmitglied mit einem Ensemblemitglied, beide kannten sich vorher nicht. Heute: Lisa von der FZ spricht mit Victoria vom Stellwerk Weimar.

Um die Ensembles schon vor dem Festival kennenzulernen, hat die FZ sie einfach angerufen. Wie in einem Blind Date: Immer ein Redaktionsmitglied mit einem Ensemblemitglied, beide kannten sich vorher nicht. Heute: Ansgar von der FZ spricht mit Niclas und Rozhina vom Gorki Jugendclub Die Aktionist*innen.

Lisa: Wo erwisch’ ich dich denn gerade?

Victoria: In meiner Wohnung. Nicht spektakulär.

L: Na, ich doch auch. Ich hab mir grad nochmal eure Webseite angeschaut und mich gefragt: Wie habt ihr denn überhaupt angefangen mit der Inszenierung? Und wie habt ihr euch als Gruppe gefunden?

V: Also das Projekt ist ja vom Stellwerk Weimar. Da ist es immer so, dass es keine festenTheatergruppen gibt, sondern projektbezogen immer nach Jugendlichen gesucht wird. Zur Spielzeiteröffnung kommen dann alle Interessierten und suchen sich was aus.
Von unserem Projekt kannte ich am Anfang so die Hälfte - wir waren zu Beginn auch noch viel mehr Leute, weil wir vor Corona angefangen haben und deswegen tatsächlich auch noch einen komplett normalen Probenprozess hatten. Die Premiere war eigentlich kurz vor dem ersten Lockdown angesetzt, wir hatten echt nur noch die Endprobenwoche und dann wäre das eigentliche Stück präsentiert worden. Das heißt, wir haben ein komplettes Stück entwickelt für die Bühne und dann wurde gesagt ok, das funktioniert nicht. Was bisschen sad war aber tatsächlich auch total der Vorteil, weil so überhaupt erst das Konzept entstanden ist, wie es jetzt zu sehen ist. Einfach aus der Situation heraus, dass wir ohne Bühne auskommen mussten.
Ich fand es dadurch wirklich einen total spannenden Probenprozess, weil eben plötzlich Lockdown war und dann haben wir uns in der Gruppe immer geschrieben oh nein, jetzt können wir uns gar nicht sehen.Es wurden dann immer lustige Memes rumgeschickt, so Corona-Memes, z.B.dieses wo ein Auto auf der Autobahn gerade noch so die Ausfahrt nimmt.

L: Ah ja klar, kenn ich!

V: Ja genau also das haben wir dann mit unserer Situation beschriftet, weil wir waren halt relativ knapp dran - wie das bei jeder Produktion ist - und hatten eigentlich zu wenig Probezeit und dann war es tatsächlich sehr lustig, dass wir dann doch ein bisschen mehr hatten.

L: Da wurde euch also noch ein bisschen Zeit beschert! Aber heißt das, dass ihr dann allezusammen das neue Konzept entwickelt habt?

V: Also es geht tatsächlich sehr von den Spieler*innen aus. Das war für mich auch teilweise eine neue Erfahrung, ziemlich cool eigentlich, dass wir als Spieler*innen so viel bewirken und auch sagen konnten hey, das find ich jetzt irgendwie nicht so cool oder das möchte ich noch weiter ausbauen. Das Konzept, also die zwei Formen die es am Ende hatte, die kamen von unserer Regisseurin, und wir haben dann gemeinsam als Gruppe die Inhalte darin erarbeitet.

L: Audiowalks finde ich auch ein ziemlich spannendes Format, ich wohne ja in Berlin und hab hier in den letzten Jahren echt immer öfter Gruppen mit Kopfhörern rumlaufen sehen, da gibt es ja echt ne Breite an Möglichkeiten - ob Ausstellung, Performance, Stadtführung oder eben Theater. Ich finds auch krass wie viel man vor sich sehen kann, einfach nur durch das, was man hört.

V: Finde ich lustig, dass du das sagt, eine Freundin von mir hat nämlich den Audiowalk gemacht und der ist bei uns in Weimar schon sehr stark verortet gewesen. Und wir haben eine Stelle im Stück, wo ein goldenes Tuch erwähnt wird und sie hat es nicht gefunden. Und dann hat sie gedacht ah dann muss ich mir das jetzt wohl einfach vorstellen und dann ist sie einfach zu irgendeinem Ort gegangen und hat sich das vorgestellt und sie meinte das hat tatsächlich total gut funktioniert!

L: Es kann ja auch echt cool sein, vom Theaterraum losgelöst zu sein und sich draußen oder im individuellen Innenraum des eigenen Kopfes aufzuhalten! Jetzt mal ganz abgesehen von Corona.

V: Ja auf jeden Fall!

L: Und dann wurdet ihr zum TTJ eingeladen!

V: Ja! Ich weiß noch, wir hatten dieses Jury Gespräch und ich dachte da schon boah wie krass, das sind Leute, die sich dafür interessieren. Und dann als die Einladung kam waren wir total aus dem Häuschen, so oh mein Gott wir dürfen hin und dann auch noch die erste Inszenierung vom Stellwerk. Und vor allem weil es mit so vielen Hindernissen gemeistert werden musste, ist es natürlich nochmal cooler, wenn das so wertgeschätzt wird.

L: Konntet ihr euch dann auch mal alle zusammen freuen oder jede*r alleine zu Hause?

V: Wir sind eh alle ein bisschen verstreut und deswegen habe wir uns digital getroffen und eine kleine Feier gemacht. Das war aber auch schön. Früher war ich echt jedes Wochenende im Theater und jetzt ewig lang nicht mehr. Letztens habe ich mir ein digitales Stück angeschaut, wobei das ziemlich interaktiv war, über eine digitale Nachrichtenplattform mit Sprachnachrichten und so. Ich war sehr erstaunt wie gut das funktioniert hat!

L: Hast du denn noch irgendwelche Fragen an mich?

V: Ja was ich mich tatsächlich gerade noch gefragt hab ist, wie kommt man eigentlich dazu beim TTJ für die Festivalzeitung zu schreiben?

L: Also 2015 war ich beim Treffen junge Musikszene und da wurde ganz deutlich gemacht, dass man als ehemalige*r Teilnehmer*in einfach immer wiederkehren kann: Um sich wieder zu sehen, aber auch um die anderen Festivals und kreuz und quer andere junge Künstler*innen kennenzulernen. Und dann bin ich nach Berlin gezogen und war einfach jedes Jahr in einer anderen Form beim Festival dabei, habe mal im Blog geschrieben, mal an der Bar gearbeitet, mal ein Konzert gespielt, Videos gemacht - und dann wurde ich vor zwei Jahren gefragt, ob ich nicht auch Lust hätte, Teil der Festivalzeitung zu sein.

V: Ja das ist ja im Theater- und Kulturbereich irgendwie immer so. Man rutscht in irgendwelche Sachen rein und am Ende stellt sich das als richtig cool raus.

L: Ja ich hoffe echt, dass das mit dem digitalen Format dieses Jahr auch so funktionieren wird, dass man wiederkommen und sich dann vielleicht auch irgendwann mal in echt sehen kann. Liegt dir denn noch was auf dem Herzen?

V: Also ich will eigentlich nur nochmal sagen, dass dieses Stück für mich in der Corona-Zeit total wichtig war. Also ich mein dann kommt dieser Lockdown und ich hab zu der Zeit auch noch komplett alleine gewohnt, heißt, du bist in deiner Wohnung und machst irgendwie nichts. Und dann hat mir das total geholfen, dass Leute gesagt haben hey, wir machen jetzt aber was und wir treffen uns digital und unterhalten uns mal über das Aktuelle und machen check ups wie es allen so geht. Das hat mir wirklich geholfen, auch mental, über den ersten und zweiten Lockdown zu kommen. In der Gruppe ist so eine starke Gemeinschaft entstanden. Ich mag sie alle wirklich sehr gerne.

L: Ach wie schön. Na dann freu ich mich auf euer Stück und vielleicht laufen wir uns ja im Festival Universum über den Weg!