Um die Ensembles schon vor dem Festival kennenzulernen, hat die FZ sie einfach angerufen. Wie in einem Blind Date: Immer ein Redaktionsmitglied mit einem Ensemblemitglied, beide kannten sich vorher nicht. Heute: Alma von der FZ spricht mit Samira vom Jugendclub der Staatsoper Unter den Linden.
Um die Ensembles schon vor dem Festival kennenzulernen, hat die FZ sie einfach angerufen. Wie in einem Blind Date: Immer ein Redaktionsmitglied mit einem Ensemblemitglied, beide kannten sich vorher nicht. Heute: Ansgar von der FZ spricht mit Niclas und Rozhina vom Gorki Jugendclub Die Aktionist*innen.
Alma: Hi Samira! Wie bist du zum Jugendclub der Staatsoper gekommen?
Samira: Homo Deus war meine erste Produktion an der Staatsoper. Ich wollte vorher schon immer mal hingehen, weil ich die Schnittstelle zwischen Theater, Musik und Performance spannend fand. Aber ich hatte zu der Zeit immer Zirkustraining. Im vergangenen Jahr hat es dann gepasst und es gab ein Kickoff Treffen. Daraus ist dann die Gruppe entstanden, mit der wir das Stück Homo Deus entwickelt haben.
A: Was machst du denn im Zirkus?
S: Meine Kindergarten Freundin ist Einrad gefahren und deshalb habe ich auch angefangen. Inzwischen fahre ich Einrad in einem Berliner Kinder- und Jugendzirkus.
A: Du kennst die Bühnenerfahrung aus dem Zirkus, aber mit dem Ensemble der Staatsoper konntest du noch nicht vor Publikum auftreten - fehlt es dir, auf der Bühne zu stehen?
S: Ja, mir fehlt das Live-Erlebnis, wenn du nur einen Versuch hast. Bei dem Hörspiel konnte ich meinen Text ja mehrmals einsprechen und dann das Beste aussuchen.
A: Also magst du die Herausforderung?
S: (lacht) Ja auf jeden Fall!
A: Wie kam es denn zu der Entscheidung, ein Hörspiel zu produzieren?
S: Ursprünglich war unsere Produktion als Bühnenstück angedacht, aber dann kam die Pandemie. Dann gab es erstmal ein großes Loch und wir wussten alle nicht, wie es weitergeht. Aber unsere Leitung hat recht schnell entschieden, dass wir ein Hörspiel machen - zu Beginn waren wir von der Idee gar nicht so begeistert.
A: Warum?
S: Wir hatten gehofft, dass wir wieder auftreten können, aber unsere Leitung hat Recht behalten. Wir begannen unser Stück in ein Hörspiel umzuschreiben. Das war ein spannender Prozess, weil in vielen der ursprünglichen Szenen Bewegung ein zentrales Element war, auf einmal ging es aber hauptsächlich um Textarbeit. Es war ein großes Experiment!
A: Aber ein erfolgreiches Experiment?!
S: Ja, es ging erstaunlich gut. Wir haben uns nicht gesehen, aber es gab trotzdem das Zusammengehörigkeitsgefühl. Unsere Regie hat uns total guten Input gegeben. Es hat Spaß gemacht in verschiedenen Übungen unsere Rollen durch die Sprache kennenzulernen.
A: Euere Produktion erzählt vom Homo Deus, wer ist das eigentlich?
S: Der Homo Deus ist der göttliche, unsterbliche Mensch. Damit geht zwangsläufig einher, dass die Technik zunehmend Besitz von ihm ergreift, weil der Mensch durch die Technik erst unsterblich werden kann. Also zum Beispiel, wenn Körperteile technisch ersetzt werden. Wir haben in unserem Stück untersucht, wo der Mensch noch Mensch ist, wenn er unsterblich ist.
S: Früher hätte ich wahrscheinlich gesagt: Ja klar. Aber nach dem Stück denke ich anders. Weil man dann in einer unendlichen Prokrastination gefangen ist. Ich glaube, wenn man unsterblich ist, schätzt man vieles weniger - das ist mir durch das Stück sehr deutlich geworden.
A: Euer Stück spielt im Jahr 2345, wie ist die Zukunft so?
S: Als wir unser Thema bekamen, war es vollkommen offen, wie das ausgehen wird. Wir haben begonnen Ideen zu sammeln, wie die Zukunft aussehen wird. Ganz schnell hatten wir Dystopien entworfen: Keine Menschlichkeit, kein Kontakt – alles wird schlimm!
A: Alles wird schlimm?
S: Nein, wir haben auch versucht die positiven Dinge zu betrachten. Gerade in den letzten Jahren gab es viele Bewegungen, die sich für die Zukunft einsetzten und für mehr Nachhaltigkeit und mehr naturverbundene Werte kämpfen – das wollten wir auch mit einfließen lassen. Aber schlussendlich ist die Welt, die wir erschaffen haben doch eher negativ. Wir wollen vor der Dystopie warnen und zeigen, dass wir die Zukunft selbst in der Hand haben.
A: Was können du und ich tun, um eine Dystopie zu verhindern?
S: Wir haben uns mit der Möglichkeit beschäftigt, dass künstliche Intelligenzen eines Tages unsere Freunde werden. Das fanden wir alle etwas abstoßend und hat gezeigt, dass wir nicht nur online existieren dürfen, sondern den menschlichen Kontakt behalten müssen.
A: Auch das Theater existierte plötzlich nur noch online – ist die Zukunft des Theaters digital?
S: Ich bin total überrascht wie viele neue Formate ausprobiert wurden. Ich habe viele coole Ideen und Aufführungen gesehen, aber ich persönlich freue mich auch wieder über die Live Erfahrung, wenn wir alle in einem Zuschauerraum sitzen und Theater wieder gemeinsam erleben.
A: Welche Rolle wird Theater in deiner Zukunft spielen?
S: Theater wird vermutlich eher ein Hobby. Mein Studium Meteorologie besteht hauptsächlich aus Mathe und Physik, dafür ist Theater ein super kreativer Ausgleich.
A: Danke dir, Samira!